Effizienz hat ihren Preis – Einsparungen durch höheren Einkaufspreis
Rohstoffeinsparung
CO2-äquivalente Reduktion
SWU Special Yarns ist auf die Herstellung von Industriegarnen und -zwirnen spezialisiert. Die Kämmerei stellt bei der Produktion des Garns einen maßgeblichen Prozessschritt dar. Das Ziel des Unternehmens war es, diesen Verarbeitungsschritt zu optimieren. Im Zuge einer Materialflusskostenrechnung zeigte sich, dass dies durch den Einsatz eines höherwertigen Baumwollrohstoffs erreicht werden kann.
Kostenvorteile
2,6%ige Umsatzsteigerung
SWU Special Yarns ist am Standort Waldkirch auf die Herstellung von Industriegarnen und -zwirnen spezialisiert. In den letzten 100 Jahren hat sich die Textilindustrie dramatisch verändert. So sank die Zahl der Beschäftigten, insbesondere in den Spinnereien, zwischen 1995 und 2006 um 64 % und der Umsatz verringerte sich um 20 %. Der globale Wettbewerbsdruck ist enorm. SWU Special Yarns konnte in diesem Umfeld, auch als KMU, wettbewerbsfähig bleiben, weil schon lange und kontinuierlich die Produktionsprozesse optimiert wurden. Um dem steigenden Kostendruck in der Textilbranche zu begegnen, wollte SWU Special Yarns weitere Möglichkeiten finden, bei gleichbleibend hoher Qualität Produktionskosten einzusparen.
Die Qualität der von SWU Special Yarns hergestellten Textilprodukte hängt dabei maßgeblich von der Festigkeit der Garne ab. Diese Festigkeit wird durch einen besonders hohen Anteil langer Fasern erreicht. Um den ungewollten Anteil kurzer Fasern zu verringern, wird die Rohbaumwolle nach einer Reinigung, Auflockerung und Kardierung (Ausrichtung) in der Kämmerei bearbeitet. In diesem Prozess werden kurze Fasern mit einer Länge von unter 12 mm ausgekämmt, so dass fast ausschließlich lange Fasern in die weitere Verarbeitung gehen. Die Kämmerei ist für die Qualität ein entscheidender Prozess. Da die Kämmerei im Produktionsablauf einen Engpass darstellt und hier große Mengen an kurzen Fasern als unerwünschte Nebenprodukte anfallen, sollten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung möglichst bei diesem Verarbeitungsschritt ansetzen.
In der oben beschriebenen Situation kam SWU Special Yarns in Kontakt mit der ifu Hamburg GmbH, die vorschlug, die Produktion mit einer bei SWU Special Yarns bis dahin unbekannten Methode zu analysieren, der Materialflusskostenrechnung (Material Flow Cost Accounting, MFCA).
Bei der MFCA-Analyse werden alle Aufwendungen der Produktion, wie Baumwolle und Strom, nicht nur auf das Hauptprodukt, sondern auch auf alle nicht erwünschten Produkte, wie die kurzen Fasern, verrechnet. Dadurch sollte SWU Special Yarns aufgezeigt werden, welche Kosten tatsächlich durch Abfälle und Nebenprodukte entstehen. Diese Art der Betrachtung bietet eine neue, die traditionelle Kostenrechnung ergänzende Perspektive und zeigt dadurch neue Einsparmöglichkeiten in der Produktion.
Die Experten der ifu Hamburg GmbH bildeten die Stoff- und Energieflüsse der Produktion in einem Stoffstrommodell ab. Hierfür wurden Daten aus dem Einkauf, Controlling und der Produktion benötigt. Das Zusammentragen der Daten brachte eine motivierende Dynamik in das Unternehmen und führte zu einem aktiven Austausch zwischen den Abteilungen mit einer neuen Perspektive auf die Produktion.
Mit dem erstellten Modell konnten verschiedene Optimierungsoptionen analysiert werden. Die entwickelten Optionen wurden dann in Absprache mit SWU Special Yarns bewertet und priorisiert. Hierbei kamen auch die MFCA-Ergebnisse zum Einsatz. Mittels MFCA werden die tatsächlichen Kosten aller Materialverluste berechnet; auch die Kosten für die ausgekämmten kurzen Fasern. Das Anfallen der kurzen Fasern wurde bislang als gegeben hingenommen, außerdem konnten sie weiterverkauft werden. Die MFCA schaffte hier einen vollkommen neuen Raum für Diskussionen und Maßnahmen.
Die vielversprechendste Möglichkeit zur Reduzierung der Menge an ausgekämmtem Material stellte der Einsatz höherwertiger Baumwolle mit geringerem Anteil an kurzen Fasern dar. Hochwertige Baumwolle mit guten Faseranteilen ist am Markt verfügbar, hat allerdings einen höheren Einkaufspreis.
Mit dem erstellten Modell wurden die Aus- und Wechselwirkungen dieser Maßnahme simuliert. So wurden die Reduzierungen des Anteils ausgekämmter Fasern in der Kämmerei, des Abfalls in vorgelagerten Prozessen, des Energiebedarfs in der Kämmerei sowie allen vorgelagerten Prozessen, der eingekauften Menge an Baumwolle und des Umsatzes durch weniger verkaufte Abfallprodukte untersucht. Außerdem wurden die Wirkungen von höheren Einkaufspreisen für Baumwolle, die Steigerung der Gesamtproduktionsmenge, die Steigerung des Umsatzes für das eigentliche Produkt und die geringeren Transport- und Lagerkosten für die eingehende Rohbaumwolle bestimmt.
Das Ergebnis der Berechnungen zeigte, dass sich der Einkauf höherwertiger Baumwolle positiv auswirkt. Trotz des höheren Einkaufspreises für den Rohstoff wird eine Steigerung von Gesamtumsatz und Gewinn erreicht.
Die MFCA-Analyse beweist, dass Einsparungen durch einen Einkauf von höherwertiger Rohbaumwolle realisierbar sind. Dadurch werden sowohl Kosten als auch der Energie- und Rohstoffeinsatz verringert. Bei einer Jahresproduktion von 1.500 t spart diese Maßnahme 61 t Rohstoff ein.
Neben der Effizienzsteigerung wird im Prozess der Kämmerei sogar noch eine Produktivitätssteigerung erreicht. Durch die Verringerung der Verluste werden Kapazitäten frei, die wertschöpfend genutzt werden können. In der Summe wird der Umsatz von SWU Special Yarns damit um 2,6 % gesteigert, ohne in neue Anlagen zu investieren.
Des Weiteren hat SWU Special Yarns durch die Maßnahme 225 t CO2-Äquivalente vermieden. Dies ist bei der gleichbleibenden Qualität ein Mehrwert für Kunden, die einen gesteigerten Wert auf umweltschonende Produkte legen. Allein durch den Einkauf der höherwertigen Baumwolle steigert SWU Special Yarns die Effizienz sowie die Produktivität und reduziert nebenbei klimawirksame Emissionen.
Durch den Einsatz eines höherwertigen Rohmaterials und der damit einhergehenden Reduktion von Materialverlusten hat SWU Special Yarns die Ressourceneffizienz signifikant gesteigert. Dafür waren keine Investitionen in neue Anlagen notwendig. Die Maßnahme wurde direkt umgesetzt und hatte sich damit auch umgehend amortisiert.
Bei diesem Projekt hat sich gezeigt, dass es sich lohnt, genauer auf die eigenen Materialverluste zu schauen, insbesondere wenn diese bisher als unumgänglich hingenommen werden. Selbst wenn eine Verwertung oder Verkauf des Abfalls als Nebenprodukt möglich ist, so ist das Vermeiden des Abfalls oft eine unerkannte und ökonomisch bedeutende Stellschraube. Diese wird leicht übersehen, da oft nicht alle Aufwendungen berücksichtigt werden, die mit der Produktion des Abfalls entstehen. Die MFCA-Methode zeigt diese versteckten Potenziale konsequent auf.
Die Effizienz-, Produktivitäts- und Umsatzsteigerung bei gleichzeitiger Reduktion von Umweltbelastungen spricht im Fall von SWU Special Yarns für sich.
SWU Special Yarns gehört seit 2014 zur ETTLIN AG, die damit nahezu alle textilen Verfahren und Lösungen aus einer Hand anbietet. Seit 180 Jahren produziert das Textilunternehmen Ettlin AG technische Textilien. Die Produkte findet man u. a. als Schleifmittelträger für die Industrie, Heimtextilien, Sonnenschutz, Cabrio-Abdeckungen oder Luxusbekleidung. Mit Know-how und Verfahrenskompetenz in den Bereichen Polymerherstellung, Garn und Fläche werden innovative Produkte entwickelt, die die Anforderungen anspruchsvoller Spezialanwendungen erfüllen.
Der Standort Waldkirch im Schwarzwald nahe Freiburg beherbergt die Ringspinnerei und Zwirnerei mit einer Kapazität von 1.500 t pro Jahr. Zum Produktionsprogramm der Spinnerei gehören Garne und Zwirne aus Baumwolle und Synthetikfasern. Ein Großteil der am Standort produzierten Garne und Zwirne wird zur Weiterverarbeitung an den Standort Uhingen im Stuttgarter Umland geliefert, der Rest geht in den externen Verkauf.
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