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Forum Umwelttechnik zu „Matchmaking“ bringt Forschungseinrichtungen und Unternehmen zusammen

Unter dem Motto „Matchmaking zwischen Wissenschaft und Unternehmen“ kamen am 4. Dezember 2019 über 50 Vertreterinnen und Vertreter von wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen beim Forum Umwelttechnik in Stuttgart zusammen. Bei der von Umwelttechnik BW organisierten Veranstaltung hatten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen die Gelegenheit, die vielfältige Forschungslandschaft in Baden-Württemberg näher kennenzulernen und gezielt Forschungs- und Entwicklungsthemen aus ihrem Geschäftsalltag zu platzieren.

Als Einstieg in die Veranstaltung diente das Matchmaking-Café. Bei den Einzelterminen zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen wurden Themen und Kooperationsmöglichkeiten im Bereich der angewandten Forschung diskutiert und Grundsteine für künftige und zielgerichtete Innovationen geschaffen.

Der sich dem Matchmaking-Café anschließende Vortragsteil widmete sich den Themenfeldern „Forschung um Materialien und Produkten“, „Forschung um Technologien und Prozesse“ sowie „Schutzrechte und Geschäftsmodellinnovationen“. Den Einstieg machte Jens Neuhüttler, Leiter des Business Innovation Engineering Center des Fraunhofer IAO, mit der Vorstellung von Thesen, wie Innovationen im Jahr 2030 erfolgen werden. Aufgrund der immer kürzeren Innovationszyklen sind Offenheit, Lernfähigkeit und Kooperation wichtige Leitbilder der innovativen Gesellschaft der Zukunft. Wissen ist eine Ressource, die zunehmend allen zur Verfügung steht, die Herausforderung für Unternehmen ist, dieses Wissen nutzbringend einzusetzen. Die Bedeutung der Digitalisierung wird weiter steigen. Bis 2030 wird erwartet, dass Innovationsprozesse durchgehend digitalisiert sein werden.

Anschließend boten Dr. Michaela Müller vom Fraunhofer IGB, Kevin Moser vom Fraunhofer ICT und Prof. Dr.-Ing. Claus Lang-Koetz vom Institut für Industrial Ecology (INEC) der Hochschule Pforzheim den Veranstaltungsteilnehmern spannende Einblicke in aktuelle Forschungsgebiete. Dr. Müller stellte Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten photokatalytischer Oberflächen in der Luft- und Wasserbehandlung als umweltfreundliche Alternative für Desinfektion und Schadstoffabbau vor. Die Einsatzmöglichkeiten des auf Titandioxid basierenden photokatalytischen Verfahrens reichen von Innenraumfarben gegen Schimmelbefall über selbstreinigende Beschichtungen bis hin zur Anwendungen bei Dentalimplantaten. Unter dem Motto „Zu schade für den Kompost“ stellte Kevin Moser ein Forschungsprojekt vor, das sich mit dem Recycling des Biokunststoffs Polyactid, kurz PLA, befasst. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft forscht das Fraunhofer ICT, wie aus Festivalbechern ein hochwertiges Rezyklat gewonnen werden kann, aus dem wieder ein gleichwertiges Produkt entsteht. Einen innovativen Ansatz im Kunststoffrecycling, der aus der engen Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie entstand, stellte Prof. Lang-Koetz vor. Das Projekt MaReK verfolgt die Zielstellung, die Recyclingquoten für Kunststoffe zu erhöhen und Verpackungskreisläufe zu schließen. Das Tracer-Based Sorting basiert auf dem Prinzip, dass dem Verpackungsmaterial selbst oder den an den Verpackungen angebrachten Etiketten eine minimale Menge einer Markersubstanz beigefügt wird, die bei Bestrahlung durch Laserlicht fluoresziert. Die Technologie ermöglicht es, über eine sortenreine Kunststofftrennung hinaus Verpackungen einzelner Marken aus dem Verpackungsstrom auszusortieren.

Im Vortragsblock „Forschung um Technologien und Prozesse“ stellte zunächst Dr. Beate Hambsch vom DVGW-Technologiezentrum Wasser das Interreg NWE-Projekt „Water Test Network“ vor. Über das Projekt erhalten innovative kleine und mittlere Unternehmen Zugang zu einem Netzwerk an Laboren und Demonstrationsanlagen in verschiedenen europäischen Ländern, um neue Technologien und Verfahren im Bereich Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung zu entwickeln. Unternehmen bewerben sich um „Leistungsgutscheine“ zur Nutzung der Einrichtungen und bekommen einen „Innovationsunterstützer“ zur Seite gestellt. Das Thema Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie in der Luftreinhaltung stellte anschließend Prof. Dr.-Ing. Achim Dittler vom Karlsruher Institut für Technologie vor. So arbeitet das Institut mit verschiedenen Unternehmen an der Entwicklung von innovativen Filtermaterialien und Verfahren der Nassabscheidung. Auch Dr. Michael Kuhn, Geschäftsführer der Kuhn GmbH, zieht eine positive Bilanz aus der Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Wissenschaft. Für das Projekt SIMRech zur Entwicklung eines Simulations- und Auslegungsprogramms eines Abwasserrechens fand das Unternehmen mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar) und dem Entsorgungsverband Saar (EVS) engagierte Kooperationspartner, um Rechenanlagen für Kläranlagen hinsichtlich Bedienung und Wartung grundlegend zu verbessern.

Abgerundet wurde der Vortragsblock durch die Themen Schutzrechte und Geschäftsmodellinnovation. Unter dem Vortragstitel „Wer hat’s erfunden?“ zeigte Wolfang Müller vom Steinbeis-Transferzentrum die Bedeutung von Patenten anhand des Beispiels China auf. Mit 1,5 Millionen Anmeldungen in 2018 ist China inzwischen Spitzenreiter in Sachen Patentanmeldungen. In seinem Vortrag verwies Müller darauf, dass sich chinesische Unternehmen wie Huawei durch die wachsende Zahl an Patenten in Spitzentechnologien als Technologieanbieter weltweit immense Wettbewerbsvorteile verschaffen. Müller rät Unternehmen, bei Forschungskooperationen frühzeitig Vereinbarungen zur weiteren Nutzung gemeinsamer Entwicklungen zu treffen. Georg von der Ropp, Geschäftsführer der BMI Lab Deutschland GmbH veranschaulichte den Begriff und die Bedeutung der Geschäftsmodellinnovation am Beispiel Nespresso und Speedcrete. In beiden Fällen haben die Unternehmen erfolgreich Geschäftsmodelle entwickelt, durch die sie sich deutlich gegenüber den Wettbewerbern profilieren können. „Der zukünftige Wettbewerb wird zwischen Geschäftsmodellen und weniger zwischen Produkten und Unternehmen stattfinden“, dessen ist sich von der Ropp sicher.

Die Vorträge verdeutlichten die wachsende Bedeutung von Innovationen für den Unternehmenserfolg und zeigten zugleich den wertvollen Beitrag, den die baden-württembergische Forschungslandschaft bei Produkt- und Prozessinnovationen leistet. Aufgrund der positiven Resonanz plant Umwelttechnik BW, das Format des Forums Umwelttechnik zu Matchmaking auch in den nächsten Jahren weiterzuführen, um Umwelttechnikunternehmen mit den passenden Forschungspartnern zusammenzubringen.

 

Autor:Michaela Gerdes
Quelle:UTBW