Case study
100 Betriebe Stagebild grauer Hintergrund

Nassklassierung anstatt Entsorgung über Deponien

Aufbereitung von Bauabfällen und Rückführung in den Wirtschaftskreislauf
90 %

Recyclingquotenerhöhung

Die Firma Heinrich Feeß GmbH & Co. KG ist ein Erdbauunternehmen mit den Schwerpunkten Erdbau, Abbruch und Recycling. In der Baustoffindustrie ist es besonders wichtig, die anfallenden Abfälle als sekundäre Rohstoffquellen zu verstehen. Durch eine neue Aufbereitungsstrategie und -technik konnte das Unternehmen seine Wiederverwendungsquote von Abbruchmaterialien auf über 90 % steigern.

In Deutschland müssen etwa 80 Mio. Tonnen Bauschutt, Straßenaufbruch und ähnliche mineralische Bauabfälle pro Jahr entsorgt werden. Für Bauschutt weisen die Statistiken eine Recyclingquote von 72 % aus, d. h. etwa ein Viertel des Abfallaufkommens bzw. über 20 Mio. Tonnen müssen über Deponien oder ähnliche Wege entsorgt werden. In den Recyclinganlagen muss ein Massenstrom aus Feinmaterial ausgeschleust werden. Diese Böden und bodenähnlichen Materialien lassen sich bislang nur für untergeordnete Zwecke verwerten. Nicht selten müssen auch diese Massen über Deponien entsorgt werden. Mineralische Bauabfälle stellen den mit Abstand größten Abfallmassenstrom dar.

Zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Minderung der Umweltlasten ist es daher wichtig, das wertgebende Potenzial dieser Abfallmassenströme möglichst vollständig zu nutzen und diese Abfälle als sekundäre Rohstoffquellen zu verstehen. Große Teilmengen lassen sich mit der üblichen Technik nicht oder nur teilweise und mit deutlichen Abstrichen zu Recyclingprodukten oder zu Rohstoffen für die Baustoffproduktion aufbereiten.

Besonders problematisch sind Boden-/Bauschuttgemische und Massenströme, die mit Schadstoffen belastet sind, selbst wenn diese Belastungen nur in geringsten Mengen auftreten. Durch das vermehrte Bauen im Bestand und in den Ballungsräumen fallen aber gerade diese gering belasteten Materialien vermehrt zur Entsorgung an. Um diese problematische Masse in den Wirtschaftskreislauf zurückführen zu können, bedarf es daher eines Verfahrensansatzes, mit dem eine Schadstoffabreicherung ermöglicht wird.

In der Altlastensanierung hoch kontaminierter Aushubmaterialien ist die Aufbereitung durch Bodenwäsche schon länger bekannt. Über diesen Aufbereitungsschritt lassen sich an den Materialien anhaftende Stoffe wie bspw. Mineralölkohlenwasserstoffe abwaschen. Diese Technik kann auch zur Aufbereitung des beschriebenen Ausgangsmaterials verwendet werden, wenn man sie mit einem mechanischen Aufbereitungsschritt verbindet.

Dieses Verfahren ist möglichst schonend und selektiv. Das vordringliche Ziel ist weniger eine Zerkleinerung der wertgebenden Körnung, sondern die Abtrennung von Anhaftungen wie bspw. Putzen von den Beton- und Mauerwerksanteilen. Dies erhöht die umwelttechnische Eigenschaft des Materials, bspw. eine niedrige Sulfatbelastung, sowie die bauphysikalische Eignung, wie etwa die Abtrennung von Gips. Die dritte Komponente der Aufbereitung ist die der Klassierung und damit letztendlich die Auftrennung in eine Vielzahl von Kornklassen, z. B.: Sand, Kies, Schluff und Ton.

Um die genannten Ziele zu erreichen, musste eine deutliche Neuausrichtung der Aufbereitungsstrategie und -technik erfolgen. Heutige Klassierungsverfahren sind vor allem zur Behandlung von grobkörnigen oder körnigsandigen Böden mit relativ hoher Permeabilität geeignet. Als geeignete Aufbereitungstechnik erwies sich eine vom Anlagenhersteller CDE angebotene Schwertwäsche. Diese Anlage wurde durch die Firma Feess an die Anforderungen der Bauschuttaufbereitung angepasst und musste in vielen Komponenten weiterentwickelt werden.

Die Schwertwäsche ermöglicht die Auftrennung des Bauschutt- oder Boden/Bauschutt-Gemischs in die Teilfraktionen steinig, sandig und lehmig. Damit kann letztlich ein bodenphysikalisch homogenes Material hergestellt werden. Dies ist die unabdingbare Voraussetzung, um diese Materialien als sekundäre Rohstoffe wieder in die Baustoffherstellung zurückführen zu können. Durch die mechanische Beanspruchung während der Aufbereitung gelingt es zudem, gezielt Verbunde aus den eigentlichen Gesteinskörnungen und Anhaftungen, wie insbesondere Putze, zu lösen. Die Gesteinskörnungen, v. a. Steine und Sand, sind nach der Aufbereitung „sauber“. Damit werden insbesondere diejenigen Schadstoffe, wie z. B. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Sulfat, reduziert, die heute bei der konventionellen Aufbereitung sehr oft die Rückführung in den Wirtschaftskreislauf verhindern und zur Ablagerung bspw. auf Deponien zwingen. Die Gesteinskörnungen sind zudem weitgehend frei von aufschwimmenden Störstoffen wie Holz oder Kunststoffen. Das Waschwasser wird aufbereitet und wieder in den Prozess zurückgeführt.

Im Ergebnis zeigt sich, dass sich mit dieser technischen Lösung nahezu alle mineralischen Bauabfälle aufbereiten lassen. Dies gilt im Besonderen auch für solche Bauabfälle, die in großen Teilen noch immer über die Ablagerung auf Deponien entsorgt werden müssen. Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass sich die Outputmassenströme grundsätzlich als Rohstoff für die Baustoffindustrie eignen könnten. Dies verspricht zudem eine hochwertige Rückführung in den Wirtschaftskreislauf mit entsprechendem ökonomischen wie ökologischen Nutzen. Der weiterentwickelte Lösungsansatz leistet daher einen großen Beitrag zur Ressourceneffizienz.

Mit dem Verfahrensansatz soll die Recyclingquote und damit die Quote der Wiederverwendung von Abbruchmaterialien und Böden insgesamt auf über 90 % erhöht werden. Weiterhin ist damit eine Reduktion der CO2- Emissionen in die Umwelt verbunden. Darüber hinaus entfallen Transportwege, insbesondere die von mineralischen Baustoffen aus Steinbrüchen. Die Rohstoffversorgung der Baustoffindustrie kann als eine Form des urban minings aus den Ballungsräumen und Städten heraus erfolgen.

Die Adaption der klassischen Aufbereitungsanlage der Natursteingewinnung, der sogenannten Schwertwäsche, auf die Aufbereitung mineralischer Bauabfälle erfolgte schrittweise und ist noch nicht abgeschlossen. Diese Anpassung erfolgte in mehreren Bereichen. Wichtig ist die Komponente Wasseraufbereitung und hier die Abreinigung des Wassers, um eine Schadstoffanreicherung zu verhindern. Es wird ein großer Wassermassenstrom benötigt, so dass das Waschwasser im Kreislauf geführt werden muss. Problematisch sind vor allem die genaue Auslegung der Sulfatfällung, d. h. die Auswahl der Chemikalien und ihre genaue Dosierung. Zweites Problem ist die Feststoffabscheidung, d. h. die Abtrennung des verbleibenden Schlamms. Es zeigte sich, dass bei der Charakteristik des Inputmassenstroms die Entwässerung des anfallenden Feinanteils, d. h. des Schlamms, mittels einer Zentrifuge noch optimiert werden muss. Ideal wäre es, den dabei anfallenden Schlamm in seiner Zusammensetzung so zu konfektionieren, dass er in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden kann.

Die zweite zentrale Aufgabenstellung war die Anpassung der Aufbereitungstechnik an die spezifische Aufgabenstellung des alltäglichen Betriebs. Der Zustand des angelieferten Materials ist großen Schwankungen unterworfen. Dies hat sich für die Materialaufbereitung als besonders problematisch erwiesen, weil hier eine Vielzahl von Materialien mit unterschiedlicher Zusammensetzung und unterschiedlichen Eigenschaften behandelt werden muss. Zudem soll gleichzeitig eine konstante Qualität der Outputströme gewährleistet werden. Mittlerweile ist die Aufbereitung über das Entwicklungsstadium hinaus und steht mit immer mehr Betriebsstunden dem täglichen Produktionsprozess zur Verfügung. Die Firma Feess hat hier eine Vorbildfunktion übernommen und lässt andere an ihren Erfahrungen partizipieren. Entsprechend häufig finden sich Besuchergruppen auf der Anlage ein.

Die Firma Heinrich Feess GmbH & Co. KG wurde 1951 von Heinrich und Maria Feeß in Kirchheim unter Teck gegründet. Heute beschäftigt die Firma rund 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gehört zu den leistungsstarken Erdbauunternehmen in der Region mit den Kernbereichen Erdbau, Abbruch und Recycling. Zu dem stets auf modernem Stand der Technik gehaltenen Maschinen- und Fuhrpark gehören rund 40 Lkw, über 60 Baumaschinen ab acht Tonnen Einsatzgewicht und mehrere kettenmobile Brecher- und Siebanlagen. Heute ist das Unternehmen einer der Vorreiter in dem Bereich Bauschuttrecycling und auch zertifizierter Hersteller von Zuschlagsstoffen für die Herstellung von ressourcenschonendem R(ecycling)-Beton.

Luftbild feess Recycling-Park Rabailen
Luftbild feess Recycling-Park Rabailen (Heinrich Feeß GmbH & Co. KG)
Tags
Fertigungsstruktur:
  • Prozessindustrie
Wertschöpfungsaktivität:
  • Entsorgung / Recycling
Ansatzpunkt / Strategie:
  • GreenTech BW
  • ,
  • Stoffkreislauf / Recycling
Einsparbereich:
  • Material
  • ,
  • Baustoffe
Amortisationsdauer:
  • strategisch (größer 5 Jahre)