Case study
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Ganz schön gerührt

Reduzierung des Energieeinsatzes beim Rühren von Schokoladen- und Füllmassen in Behältern
76 %

Energieeinsparung

Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG gehört mit der Marke RITTER SPORT zu den erfolgreichsten Süßwarenunternehmen unserer Zeit. Das Unternehmen entdeckte ein großes Optimierungs- und Energieeinsparpotenzial im Prozess des Umrührens. Hierbei wurden die Rührintervalle für alle Behälter optimiert, wodurch Energie eingespart werden konnte und die einzelnen Prozesse angeglichen wurden.

Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG gehört mit ihrer bekannten Schokoladenmarke RITTER SPORT zu den erfolgreichsten Süßwarenunternehmen unserer Zeit in Familienhand. Insgesamt umfasst allein das 100 g Tafelsortiment von RITTER SPORT 28 Sorten. Hinzu kommen Minis, Großtafeln und Schokowürfel mit teilweise eigenen Sorten sowie speziell für (saisonale) Anlässe entwickelte Rezepturen. Bei der Herstellung unterscheidet das Unternehmen zwischen „massiven“ Schokoladentafeln, wie einer Voll-Nuss, bei der die Schokoladenmasse mit den Zutaten gemeinsam in einem Vorgang in die Formen gegossen werden kann und „gefüllten“ Schokoladentafeln, bei denen zunächst eine Schokoladenhülse notwendig ist, um diese im nächsten Schritt mit der entsprechenden Füllung versehen zu können. Bei jeder Sorte sind Schokoladenmasse und Zutaten bzw. Füllungen genau aufeinander abgestimmt: Ob die Königin der Nüsse, die Macadamia, in Alpenmilchschokolade mit der charakteristischen Honig- und Karamellnote, die Voll-Nuss in dunkler oder Vollmilch-Schokolade oder eine extra für den Sommer entwickelte „Pink Grapefruit“ Füllung in weißer Schokolade.

Um diesen besonderen Schokoladengenuss zu garantieren, stellt die Alfred Ritter GmbH & Co. KG derzeit insgesamt elf verschiedene Schokoladenmassen für ihre Marke RITTER SPORT her. Außerdem werden unterschiedlichste Füllungen für verschiedene Zutatenkombinationen hergestellt (z. B. eine Joghurtfüllung, die dann mit Erdbeer- oder Grapefruitstückchen kombiniert werden kann).

Die Massen – ob Schokolade oder Füllung – werden in unterschiedlich großen Behältern kurzzeitig zwischengelagert, bevor sie in sogenannte Arbeitsbehälter an den Produktionsanlagen gepumpt werden. Dabei fassen die Behälter zwischen fünf und 60 t. In jedem einzelnen der rund 140 Behälter werden durch ein Rührwerk die Viskosität und die optimale Fließgrenze gewährleistet. Dabei besteht ein Rührintervall aus der eigentlichen Rührphase und einer anschließenden Ruhephase (Pause). Die Optima der Rührintervalle wurden vor über einem Jahrzehnt definiert und waren bis dato je Behälter bzw. Masse unterschiedlich.

Als jedoch die Ruhephase in einem Großbehälter mehrere Tage durch einen im Behälter zu behebenden Defekt extrem ausgedehnt werden musste, zeigte sich, dass die dort gelagerte Masse dennoch eine relativ gute Viskosität und Fließgrenze aufzeigte. Durch diesen Umstand geleitet, fing man an, die bestehenden Intervalle zu hinterfragen und erkannte ein hohes Optimierungs- und zugleich Energieeinsparpotenzial. Daher setzte sich ein Projektteam mit den Rührintervallen der Massen auseinander. Ziel war es, ein neues optimales Rührintervall zu ermitteln. Dabei sollte das Rührintervall, bestehend aus Rühr- und Pausenzeit, so gewählt werden, dass die internen Qualitätsanforderungen eingehalten werden. Außerdem sollte sich das optimierte Rührintervall möglichst auf alle Behälter einheitlich übertragen lassen.

Durch die zufällig entdeckten guten Eigenschaften der Masse, trotz ausgedehnter Ruhephase, wurden mögliche Energieeinsparpotenziale erkannt. Um dabei das Optimum zu ermitteln und während des Projektverlaufs möglichst ressourcenschonend zu arbeiten, sollte zunächst die Testreihe mit einer Masse gestartet werden – sozusagen als Referenzmasse. Im Anschluss sollte die Übertragbarkeit der neu definierten optimalen Parameter auf alle weiteren Massen geprüft werden.

Für die Umsetzung des Projekts setzte sich ein Team aus Mitarbeitenden der Technik, Produktion und Verfahrensoptimierung zusammen. Die Tests wurden mit einer Masse in einem Lagerbehälter begonnen und die Auswirkungen neuer Rühr- bzw. Ruhephasen auf die Qualitätskriterien aufgezeichnet.

Um eine repräsentative Aussage über die Auswirkungen treffen zu können, wurden die Parameter über zwei bis vier Wochen je Einstellung getestet. Als Testbasis diente ein Schätzwert der eigenen Abteilung für Forschung und Entwicklung hinsichtlich des Minimums an benötigter Rührzeit. Zusätzlich zu den eigenen Tests wurden Rohstofflieferanten miteinbezogen, nach ihren optimalen Rührintervallen befragt und dadurch gewonnene Erkenntnisse in Diskussionen, Tests und Umsetzungen miteinbezogen.

Sobald ein neues Optimum identifiziert wurde, stellte sich die Frage, ob dieses auch auf weitere Massen übertragbar sei. Die größten Zweifel bestanden hinsichtlich der Füllungen, da sie eine andere Homogenität und Partikelgröße aufweisen, die zu einer schnelleren Kristallisation sowie zu einem schnelleren Absetzen der Masse führen können. Doch auch hier bestand das neue Rührintervall entgegen den Vermutungen die Tests.

Ein wichtiger Aspekt, der sich während der Testreihe außerdem herausstellte, war die Vorteilhaftigkeit kurzer Lagerzeiten der Massen in den Großbehältern, von denen sie bei Bedarf in die Arbeitsbehälter an den Anlagen gepumpt werden. Aufgrund der hohen Produktionsauslastung im Unternehmen und daher kurzen Lagerzeiten der Massen ist die Wahrscheinlichkeit einer Ablagerung bzw. Kristallisation der Partikel geringer als sie bei längeren Lagerzeiten wäre.

Insgesamt dauerte es ein Jahr, um die verschiedenen Massen mit dem neuen Rührintervall zu überprüfen und die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen. Zum Teil konnten bei vergleichbaren Rezepturen Synergien geschaffen und so wiederum Zeit gespart werden. Lediglich eine Masse bildet nun die Ausnahme und wird häufiger gerührt, wobei für diese Masse die Intervallparameter des Rohstofflieferanten übernommen werden konnten und so ebenfalls eine Energieeinsparung möglich wurde.

Durch die Optimierung der Intervalle werden jährlich 76 % der zum Rühren der Schokolademasse notwendigen Energie eingespart. Das entspricht über 900 MWh pro Jahr.

Das Projekt zeigte in der Praxis, dass es sich lohnt, auch „Altbewährtes“ immer wieder in Frage zu stellen und dass innerhalb bestehender Prozesse Optimierungsmöglichkeiten mit hohen Einsparpotenzialen zu finden sind. Daran gemeinsam zu arbeiten, miteinbezogen zu werden sowie zusammen Fortschritte und Erfolge zu erzielen, entfaltete darüber hinaus intern hohe Motivationskraft. Nicht zuletzt daran zeigt sich die Sinnhaftigkeit, „am Ball“ zu bleiben und kontinuierlich, gezielt Bestehendes zu hinterfragen, um auch zukünftig die Prozessbeherrschung weiter erhöhen zu können.

Das 1912 gegründete mittelständische Familienunternehmen beschäftigt heute rund 1.450 Mitarbeitende und erzielte 2016 einen Umsatz von 470 Mio. Euro. Bereits 1932 erfand Clara Ritter die bis heute charakteristisch quadratische Schokoladenform. Täglich verlassen über drei Millionen der bunt verpackten Tafeln das Werk im schwäbischen Waldenbuch, von wo sie in über 100 Länder weltweit exportiert werden.

Produktion von Pfefferminzschokolade
Produktion von Pfefferminzschokolade (Alfred Ritter GmbH & Co. KG)
Tags
Fertigungsstruktur:
  • Großserienfertigung
Wertschöpfungsaktivität:
  • Produktionsplanung / -steuerung
Ansatzpunkt / Strategie:
  • Prozessoptimierung
Einsparbereich:
  • Energie
  • ,
  • Material
  • ,
  • Sonstige Materialien
  • ,
  • Abgas
Amortisationsdauer:
  • operativ (kleiner 1 Jahr)